Heute erreichten uns diese Informationen aus Lesbos:
0 Kommentare
Die ersten beiden Stunden haben wir uns intensiv über uns selbst ausgetauscht- mit welchen Ideen, Hoffnungen aber auch Befürchtungen sitzen wir an einem Tisch? Was wissen wir überhaupt schon voneinander und wieviel Gemeinsamkeit brauchen wir, als Initiative ENTGEGENKOMMEN?
Klar wurde für uns, dass die konkrete Hilfe vor Ort unser Hauptaugenmerk ist und bleibt. Ohne Frage ist aber die Entscheidung sich in einer Initiative zu engagieren, die entlang der Fluchtrouten Menschen aufsucht und vor Ort unterstützt, schon eine politische. Darüber weiter im Gespräch zu bleiben und die Vielfalt unserer Motivationen und Beweggründe, vielleicht auch Visionen kennen zu lernen wird ein stetiger spannender und fruchtbarer Prozess sein. Da kommenden Sonntag der nächste Konvoi startet, ging es in der zweiten Hälfte des Treffens um die konkrete Fahrtroute und den Inhalt der Autos.. Fragen wie: Sollten wir eher nach Dimitrovgrad (Serbien) reisen und in einem bereits aufgebauten Camp die dortigen Helfer*innen unterstützen oder besser nach Idomeni (Greichenland) fahren, um sich dort ein Bild der völlig eskalierten Situation zu machen und die Möglichkeiten der Hilfe vor Ort erst zu erarbeiten ? Wie hat sich die Situation an den Grenzen mittlerweile verändert- können Kleider nur noch mit Einfuhrgenehmigung und chemischem Reinigungsnachweis durch z.B.Serbien transportiert werden? Welche Hilfsgüter werden z.Zt.überhaupt tatsächlich gebraucht? All dies und noch einiges mehr bewegten wir gestern in unseren Köpfen und Herzen. Die Entscheidung könnt ihr demnächst hier lesen, genauso werden wir auch an dieser Stelle vom Konvoi berichten. Wer auf der Flucht nach Presevo kommt, steht erst einmal in einer langen Schlange. Lange lange. Mit etwas Glück erfahren die Menschen auch, für was sie anstehen: Ganz vorne fahren Busse ab nach Kroation. Das Ticket kostet 35€. Davor führt die Schlange durch ein Camp, das nicht zum Schlafen, sondern zur Registrierung und zum Gesundheits-Check gedacht ist.Genaueres weiß nur, wer drin war. Wir Volunteers haben keinen Zutritt.
Vor dem Camp warten die Menschen viele Stunden lang, evtl den ganzen Tag oder über Nacht. Auf den letzten 50m vorm Camp regeln ein paar Polizisten und Leitgitter, wann wer weiterläuft. Hier sind die Wartenden von Durchgangszelten überdacht. Doch die Schlange ist viel länger, machmal stehen mehrere Tausend Menschen die ganze Straße entlang, die Vase Smajevica im Industriegebiet von Presevo. Taxifahrer belagern das Ende der Schlange. Sie versprechen viel, Fahrten nach irgendwo, wo keine lange Schlange ist. Immer wieder berichten Flüchtende, dass sie schwer betrogen wurden, an der nächsten Autobahnauffahrt aus dem Taxi geworfen, gezwungen, bedroht. Die Situation ist alles andere als einfach. Manche Familien haben Zelte dabei, die sie am Straßenrand aufschlagen, wenn es in der Nacht zu lange nicht voran geht. Andere kauern bei einander, eine Decke auf dem Boden, eine zweite über die ganze Familie gelegt. Manche sind bereits seit Monaten unterwegs, haben Gepäck in Seenot oder aus Erschöpfung zurückgelassen. Anfang November herrscht bereits Frost. Mir ist mit vielen Zwiebelschichten, Jacke und Wanderschuhen zu kalt. Von denen, die die ganze Nacht draußen verbringen, sind einige morgens unterkühlt. Manchmal kommen Journalisten her, schreiben z.B. etwas mit dem Titel „Die Straße des Elends“. Ich kann das nicht unterschreiben. Für mich ist es die Straße der Ausdauer, die Straße der Entschlossenheit und der Menschlichkeit. Mich beeindruckt immer wieder, mit wie viel Geduld und Würde die Menschen all das annehmen und meistern: Die Unklarheit über das Warten, den Mangel an Schlaf, Nahrung und Schutz vor der Kälte. Es ist mehr als nur Ergebenheit angesichts eines harten Schicksals. Wenn ich nicht nur an der Schlange vorbei renne, sondern etwas Zeit mit den Menschen an einer Stelle verbringe, nehme ich viele lächelnde Gesichter wahr, viel Offenheit und optimistische Blicke weit nach vorn. Ein Familienvater erzählt mir, dass er seit der Ankunft in Griechenland nichts mehr fürchtet. Seine ganze Familie hat die Überfahrt in mehreren kleinen Schlauchbooten überlebt. Was jetzt noch kommt werden sie schaffen. Gepostet von Heiko Über einen Einsatz in Presevo Anfang November Wir Volunteers stehen den Menschen bei, die Stunden lang in einer Schlange auf ihre Registrierung und einen Platz im Reisebus nach Kroatien warten. Im Idealfall sind wir einfach da mit unserer Zeit, Offenheit und der Frage "Kann ich irgendwas für Sie tun?"
. .. leider ist die Situation nur selten so entspannt, dass wir wirklich so auf einzelne Menschen eingehen können. Vor allem Nachts herrscht oft Chaos und ein großer Informationsnotstand. Dann ist unsere wichtigste Aufgabe, Information in unklare Situationen zu tragen, z.B die Info, dass es vorne grade nicht weitergeht und jeder Schritt nach vorn mehr Druck auf die Menschen am anderen Ende der Schlange ausübt. Mit einem Stand am Ortseingang, der rund um die Uhr besetzt ist geben wir den Ankommenden die wichtigsten Infos über die Situation vor Ort. Mit unseren gelben Warnwesten haben wir weit mehr Bewegungsfreiheit als die Wartenden, die nicht leicht ihren Platz in der Schlange aufgeben können. Wir reichen den Leuten Wasser, Tee und für die Kinder Bananen. Wir begleiten Leute, die zum Arzt müssen und arrangieren, dass diese wieder ihre Familie finden. Wir kramen in Absprache mit der Mutter für deren Kinder das passende Stück aus dem Lager der Kleiderspenden. Wir entlasten andere Volunteers, die seit Wochen hier sind und von Nachtschichten gebeutelt sind. Wir bereiten ihnen die erste warme Mahlzeit seit langem zu. Wir erledigen den Transport von Spenden und Material mit dem Bus, füllen Gasflaschen für die Teeküche. Wir schenken Tee aus, Chai für die Menschen, als Getränk mit Zucker, als Wärmespender und als Türöffner, immer wieder in Abstimmung mit der Zielgruppe durch die Frage "Und wie bereitet ihr den zu Hause zu? Auch schwarz? Doch tatsächlich mit sooo viel Zucker? Alles klar!" Gepostet von Heiko Nachdem die Öffentlichkeit Notiz von uns genommen hat und nach dem ersten Zeitungsartikel auch ein Fernsehbeitrag ansteht, wird es allerhöchste Zeit für das erste Meeting der Arbeitsgruppe 'Öffentlichkeit'. Wir haben gute 3 Stunden zusammengesessen und verschiedenste Themen besprochen und Informationskanäle bestimmten Personengruppen zugewiesen. Zu betreuen gilt die von Sylvia neu gegründete FCBK-Präsenz, der Blog, unsere Website, der Mailverteiler und unser zentrales Mailpostfach. Gar nicht wenig für uns Laiendarsteller. ;) Und weil bei uns die Freude nicht zu kurz kommen darf und unsere Mägen allesamt ordentlich knurrten, ging's danach gemeinsam zum Falafelmann.
Heute haben wir die Fahrer*innen und Interessierte zum ersten mal offline getroffen um sich auszutauschen und kennenzulernen. Wir haben gekocht, gegessen, geplant. Insgesamt war es ein wunderbarer Abend mit ebenso wunderbaren Menschen. Nächsten Freitag geht es in Heidelberg weiter.
|
AutorHier schreiben wir über unsere Hilfseinsätze vor Ort ebenso wie über unsere administrative Arbeit zu Hause. ArchiveKategorien |
Not lindern, Fliehenden helfen... | Berichte über unsere Arbeit |